Freies Lernen ohne Grenzen: wie demokratische Schulen in Deutschland Bildung neu denken
- Lena
- 1. Okt. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 2. Okt. 2024
Auf einer freien, demokratischen Schule gibt es keine festen Ferienzeiten oder einen starren Schuljahreskalender wie im klassischen Schulsystem. Das liegt daran, dass die Lernprozesse und die Organisation des Schulalltags stark an den individuellen Bedürfnissen und Rhythmen der Schüler*innen ausgerichtet sind. Der Ansatz basiert auf dem Verständnis, dass Lernen jederzeit und überall stattfinden kann – nicht nur im Klassenraum und nicht nur zu bestimmten Zeiten.
Hier sind einige Gründe, warum Reisen auch außerhalb der traditionellen Ferien auf einer frei-demokratischen Schule möglich und oft akzeptiert ist:
1. Lernen ist nicht an einen Ort gebunden
In einer frei-demokratischen Schule wird das Lernen nicht nur im Klassenzimmer oder innerhalb der Schulmauern gesehen. Die Welt selbst wird als Lernraum betrachtet. Reisen bietet Kindern die Möglichkeit, aus Erfahrungen zu lernen, neue Kulturen, Sprachen und Umgebungen zu entdecken. Solche Erlebnisse gelten als wertvolle Lernprozesse und werden als ebenso wichtig angesehen wie formales Lernen.
2. Individuelle Lernwege
Jedes Kind hat seinen eigenen Lernweg und -rhythmus. Freie, demokratische Schulen unterstützen die Selbstbestimmung der Kinder über ihren Lernprozess. Das bedeutet, dass ein Kind, das mit der Familie reist, möglicherweise andere Lernchancen und neue Interessen entdeckt, die es in der Schule nicht in dieser Form erleben würde. Die Flexibilität, außerhalb der Ferien zu verreisen, kann diesen individuellen Lernweg ergänzen und bereichern.
3. Keine Prüfungen oder starre Lehrpläne
Da es an frei-demokratischen Schulen keine standardisierten Prüfungen oder festen Lehrpläne gibt, ist das Lernen freier gestaltbar. Es gibt keine festgelegten Lehrplanziele, die zwingend in einem bestimmten Zeitraum erreicht werden müssen. Kinder können sich daher ohne den Druck von Prüfungen und Tests auf ihre Lernreisen begeben und nach der Reise einfach wieder in den Schulalltag einsteigen.
4. Eigenverantwortung der Schüler*innen
Ein zentraler Ansatz der frei-demokratischen Schule ist, dass die Schüler*innen Mitbestimmungsrechte haben und lernen, Verantwortung für ihr eigenes Lernen zu übernehmen. Wenn eine Familie plant, außerhalb der traditionellen Ferien zu verreisen, wird dies oft mit dem Kind und der Gemeinschaft der Schule besprochen. Dabei geht es darum, eine gemeinsame Entscheidung zu treffen, die sowohl den individuellen Bedürfnissen des Kindes als auch den Abläufen in der Schule gerecht wird.
5. Flexibilität und Anpassung
Frei-demokratische Schulen sind grundsätzlich darauf ausgelegt, flexibel auf die Bedürfnisse der Kinder und Familien einzugehen. Wenn Reisen einen bereichernden Beitrag zum Leben und Lernen des Kindes leistet, wird dies oft positiv aufgenommen. Die Schulzeit ist nicht in strikte Phasen eingeteilt, sodass es den Kindern leichter fällt, nach einer Reise wieder in die Schulgemeinschaft zurückzukehren, ohne Lernstoff „aufholen“ zu müssen.
Fazit:
Der Ansatz, auch außerhalb der Ferien zu verreisen, basiert auf der Überzeugung, dass Lernen nicht an Ort, Zeit oder ein bestimmtes System gebunden ist. In einer frei-demokratischen Schule wird das Leben selbst als Lernraum verstanden, und Reisen wird als wertvolle Möglichkeit gesehen, neue Erfahrungen zu sammeln und das eigene Wissen zu erweitern. Solange das Kind in den Lern- und Gemeinschaftsprozess eingebunden bleibt und seine Verantwortung übernimmt, ist diese Flexibilität möglich und willkommen.
Checkliste: Ist eine freie, demokratische Schule das Richtige für unsere Familie?
1. Können wir uns mit dem Konzept des selbstbestimmten Lernens anfreunden?
Können wir akzeptieren, dass unser Kind seine Lerninhalte selbst wählt und es keinen festen Stundenplan gibt?
Unterstützen wir die Idee, dass Lernen überall und jederzeit stattfinden kann – nicht nur im Klassenzimmer?
2. Wertschätzen wir individuelle Lernwege?
Ist es uns wichtig, dass unser Kind seine Interessen und Leidenschaften frei verfolgen kann?
Können wir uns vorstellen, dass jedes Kind in seinem eigenen Tempo lernt, ohne starren Lehrplan?
3. Fühlen wir uns durch das traditionelle Schulsystem vielleicht eingeschränkt?
Sind wir frustriert über das starre, leistungsorientierte System und wünschen uns mehr Flexibilität?
Haben wir das Gefühl, dass unser Kind im klassischen System nicht sein volles Potenzial entfalten kann?
4. Sind wir bereit, die Verantwortung für das Lernen des Kindes mitzutragen?
Verstehen wir, dass unser Kind mehr Eigenverantwortung übernehmen muss und sind wir bereit, es dabei zu unterstützen?
Können wir unser Kind ermutigen, seine eigenen Lernziele zu setzen und ihm dabei Vertrauen entgegenbringen?
5. Können wir mit dem Konzept von Mitbestimmung und Gemeinschaft umgehen?
Unterstützen wir die Idee, dass Kinder bei schulischen Entscheidungen mitbestimmen und auf Augenhöhe mit Erwachsenen interagieren?
Sind wir offen dafür, dass Regeln und Strukturen gemeinsam mit den Kindern entwickelt und ausgehandelt werden?
6. Wollen wir ein Lernen ohne Leistungsdruck und Noten?
Sind wir bereit, auf Prüfungen, Noten und standardisierte Beurteilungen zu verzichten und den Lernfortschritt anders zu betrachten?
Ist es uns wichtig, dass unser Kind nicht mit äußeren Leistungsanforderungen, sondern aus intrinsischer Motivation lernt?
7. Können wir mit der Flexibilität des Schulsystems umgehen?
Sind wir bereit, das schulische Jahr flexibel zu gestalten, z.B. durch Reisen außerhalb der Ferien?
Unterstützen wir die Idee, dass es keine festgelegten Schuljahre gibt und dass unser Kind immer wieder in den Schulalltag zurückkehren kann, ohne „Stoff nachholen“ zu müssen?
8. Sind wir als Familie bereit für ein alternatives Bildungskonzept?
Können wir uns langfristig auf ein Bildungssystem ohne starre Abschlüsse, Prüfungen oder Noten einlassen?
Sind wir offen für ein anderes Verständnis von Bildung und bereit, alternative Wege für die Zukunft unseres Kindes zu akzeptieren?
9. Ist uns soziale Interaktion in einer offenen, respektvollen Umgebung wichtig?
Schätzen wir eine Schule, in der Kinder in altersgemischten Gruppen lernen und voneinander profitieren?
Können wir uns vorstellen, dass das soziale Miteinander und das Lernen durch Kooperation stärker im Vordergrund stehen als Wettbewerb?
10. Sind wir bereit, uns als Eltern ebenfalls mit einzubringen?
Verstehen wir, dass eine frei-demokratische Schule auch auf die Zusammenarbeit und Unterstützung der Eltern setzt?
Haben wir die Bereitschaft, aktiv am Schulalltag teilzunehmen, z.B. durch die Einbringung von Ideen oder Teilnahme an Schulversammlungen?
Wenn viele dieser Punkte auf eure Familie zutreffen, könnte eine frei-demokratische Schule gut zu euch passen. Dieses Schulsystem erfordert ein hohes Maß an Vertrauen, Offenheit und Flexibilität, bietet aber auch die Möglichkeit, dass euer Kind in einer freien, selbstbestimmten Umgebung aufwächst. Nehmt euch die Zeit, das Konzept als Familie zu besprechen und gemeinsam zu reflektieren, ob es euren Vorstellungen von Bildung und Erziehung entspricht.
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